Gegen geistigen McDonalds Fraß
Übrigens ist der Eichborn Verlag ausgezeichnet, ähnlich wie Klett-Cotta und man wird in der Regel keinen geistigen Mist dort erwerben. Zurück zum neuen/alten Buch und seinem Inhalt:
„UNKORRIGIERTES LESEEXEMPLAR
Liebe Buchhändlerinnen, liebe Buchhändler, wie immer freuen wir uns über Ihre Meinung zu diesem Buch. Wenn Sie zudem damit einverstanden sind, dass wir Ihr Urteil werblich nutzen, dann schreiben Sie bitte an … (…@eichborn.de), gern mit vollem Namen und der Anschrift Ihrer Buchhandlung.
Presse-Sperrfrist:
Bitte nicht vor dem 1.3.2011 besprechen! Vielen Dank, Ihr Eichborn Verlag“
„Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht, Heinrich Mann und das kalifornische Exil während des 2. Weltkrieges und danach - der Roman handelt von einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Brecht und Feuchtwanger. Weltberühmt und wohlhabend, aber argwöhnisch beschattet von den Chargen der McCarthy-Ära, lebt Lion Feuchtwanger 1956 noch immer im kalifornischen Exil - der letzte der großen deutschen Emigranten. Als ihn an einem Augustmorgen die Nachricht vom plötzlichen Tod Bertolt Brechts erreicht, ist er tief erschüttert. Er hatte Brechts Genie entdeckt, hatte ihn gefördert, war ihm eng verbunden gewesen. In stummer Zwiesprache mit dem toten Freund ruft Feuchtwanger die Stationen dieser Freundschaft wach, ihren Beginn im München der Räterepublik, die literarischen Triumphe der Zwanzigerjahre, die Flucht und das Leben im Exil. Aus seinen Erinnerungen kristallisieren sich zugleich die Antriebsfedern des eigenen literarischen Schaffens heraus: die Trauer um die als Säugling verstorbene Tochter, seine Schuldgefühle und sein Ehrgeiz, die Traumata seiner Kindheit - und schließlich die Liebe und die Vergänglichkeit. Am Ende des Tages, als die Sonne im Stillen Ozean versinkt, ist der alte Feuchtwanger sich seiner Stärken und Schwächen hell bewusst und hat eine Bilanz des eigenen Lebens gezogen.“
Hier ein Zitat aus dem erwähnten Buch „Sunset“:
„Und wie sieht er jetzt aus, nachdem 72 Jahre sein Gesicht berannt haben? Er erinnert sich daran, dass der große amerikanische Präsident Lincoln gesagt haben soll, ab 40 sei jeder selbst für sein Gesicht verantwortlich. Der Mensch ist nicht der, als der er geboren wird, sondern der, der aus ihm wird. Aber irgendwann ist man für sein Gesicht nicht mehr verantwortlich, weil die Kräfte ins Spiel kommen, die Persönlichkeit und Bewusstsein nicht mehr beherrschen. Die Schwerkraft zum Beispiel, die jeden früher oder später wieder zurück in den Staub zieht, aus dem man gemacht ist. Dann hat man ein endgültiges Gesicht. Kindlich, erwachsen und alt zugleich. Und man kann es festhalten, indem man sein Fleisch zu Worten werden lässt.“
Sehr schön und treffend, auch scheint häufig eine gewisse Poesie beim Autor durch, die ich besonders schätze. Alles zusammen ist es eine vortreffliche geistige Stimulation und wirkt bei mir anregend. Auch wenn einige meiner Assoziationen manchmal für den Außenstehenden sprunghaft erscheinen mögen, so sind sie es für mich doch nicht. Auslöser war der Begriff der Abdankung. Ein schönes Wort und der Kaiser Friedrich Wilhelm hat sich sicher nicht träumen lassen eines Tages nicht mehr deutscher Kaiser zu sein und den Rest seiner Tage im Exil zu verbringen. Die Monarchie hatte in Deutschland abgedankt! Alles war nur eine Frage der Zeit um irgendwann abzudanken – auch die parlamentarische Demokratie als angebliche ultima ratio würde eines baldigen Tages abdanken müssen. Gewöhnen wir uns besser rechtzeitig an diesen Gedanken, dass auch wir werden abdanken müssen – dankend versteht sich!
Postskriptum: Ein befreundeter Schriftsteller schrieb mir übrigens auf diesen Beitrag hin dies:
Lieber Herr Wolff,
wir waren einige Tage unterwegs, deswegen antworte ich auf Ihren Brief erst jetzt und, der großen Hitze geschuldet, auch nur knapp. In Betreff auf das Buch habe ich jetzt Klarheit, und Ihre tagebuchartigen Notizen offenbaren mir mehr von Ihnen als unsere Begegnung seinerzeit. Tagesereignisse und Lektüre, wichtige Motivationen unseres Denkens, ob Zustimmung oder Widerstreben. Wenn etwas die Zeiten überdauert wie Lions Feuchtwangers Werke, dann muß es schon in die Tiefe gehen, allerdings sehe ich auch die Leserschaft eines Feuchtwanger schwinden oder auch die Leserschaft an sich; irgendwie nähern wir uns einem neuen, medienbestimmten Analphabetismus. Also nutzen wir den Tag und starren nicht auf das Unabänderliche, das freilich kraus genug daherkommt.
Ihnen eine gute Zeit
wünscht Bernd Wolff
wir waren einige Tage unterwegs, deswegen antworte ich auf Ihren Brief erst jetzt und, der großen Hitze geschuldet, auch nur knapp. In Betreff auf das Buch habe ich jetzt Klarheit, und Ihre tagebuchartigen Notizen offenbaren mir mehr von Ihnen als unsere Begegnung seinerzeit. Tagesereignisse und Lektüre, wichtige Motivationen unseres Denkens, ob Zustimmung oder Widerstreben. Wenn etwas die Zeiten überdauert wie Lions Feuchtwangers Werke, dann muß es schon in die Tiefe gehen, allerdings sehe ich auch die Leserschaft eines Feuchtwanger schwinden oder auch die Leserschaft an sich; irgendwie nähern wir uns einem neuen, medienbestimmten Analphabetismus. Also nutzen wir den Tag und starren nicht auf das Unabänderliche, das freilich kraus genug daherkommt.
Ihnen eine gute Zeit
wünscht Bernd Wolff